Schlagwort: PRISM

  • Rede: Verfassungsschutzbericht 2012

    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf der Tribüne!

    Herr Minister, ich danke Ihnen für den Bericht, auch wenn ich anderer Meinung bin. Schade, dass der Leiter des Verfassungsschutzes nicht mehr hier ist, um meine Rede dazu zu hören. Die Reihenfolge der Beratungen ist bezeichnend; denn angesichts der Enthüllungen über PRISM, Tempora & Co. wirkt der Verfassungsschutzbericht vier Monate nach der Vorlage wie aus einer anderen Zeit. Auch unser Verfassungsschutz wurde von der Entwicklung überrollt. Gegen die Bedrohung unserer freiheitlichen Gesellschaft durch eine nahezu vollständige Überwachung und Rasterung unserer elektronischen Kommunikation wirkt die Auseinandersetzung mit 1.200 Rechtsextremen in Schleswig-Holstein – so wichtig sie zum Schutz unserer Demokratie auch ist – fast wie eine einfache Aufgabe. Der Bericht bezeichnet den internationalen Terrorismus als Grund für den Schutz von Sicherheit und Freiheit außerhalb Deutschlands. Tatsächlich hätte er zumindest auch die Folgen des Terrorismus, unter anderem den offenbar grenzenlosen Überwachungswahn einiger Regierungen, als Bedrohung unserer Gesellschaft aufführen müssen.
    Der Bericht ist vom Zeitablauf überholt worden. Mehr ist dazu leider nicht zu sagen.

    Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, der ebenfalls nicht im Bericht auftaucht. Er taucht nicht auf, weil der Verfassungsschutz im Bericht – so will es das Gesetz – nur über die Ermittlungsergebnisse des Landesverfassungsschutzes berichtet. Seine eigene Tätigkeit hingegen bleibt der Öffentlichkeit, aber auch dem Plenum verborgen. Es mag im Einzelfall gute Gründe haben, aber nicht in der Allgemeinheit, wie es aktuell praktiziert wird.

    Bei unserer Großen Anfrage zur Funkzellenabfrage in Schleswig-Holstein hat die Landesregierung keine Auskunft über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes gegeben, obwohl auch diese Bestandteil unserer Frage war. Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums kennen diese Zahlen vielleicht, ohne hierüber reden zu dürfen, der Rest des Plenums und die Öffentlichkeit hingegen ohne erkennbaren Grund nicht. Der stur wiederholte Verweis auf die Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium in anderen Anfragen trägt nicht.

    Auch der Landesverfassungsschutz hat sich einer Kontrolle des gesamten Plenums oder der Öffentlichkeit zu stellen, insbesondere wenn die Verfassungsschutzberichte
    auch in Zukunft dazu dienen sollen, eine erweiterte Kontrolle des Verfassungsschutzes selbst sicherzustellen.

    – Vielen Dank.

  • Antrag: Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation (PRISM)

    Antrag der Fraktion der PIRATEN Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation (PRISM)

    Der Landtag wolle beschließen:

    Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

    1.unverzüglich dafür zu sorgen, dass die Vertraulichkeit des Inhalts elektronischer Kommunikation mit öffentlichen Stellen des Landes und der Nutzung ihrer elektronischen Informationsdienste durch das Angebot einer sicheren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet wird.

    2.auf eine Anpassung aller internationaler Abkommen auf deren Grundlage oder in deren Anwendungsbereich Datenübermittlungen in andere Länder stattfinden hinzuwirken, die sicherstellt, dass der Zugriff auch durch ausländische Stellen nur unter gleichen Bedingungen wie in Deutschland möglich und wirksamer Rechtsschutz möglich ist.

    3.bis zum 19. September 2013 schriftlich über die Nutzung von Daten, die aus den Programmen PRISM, Tempora und anderen vergleichbaren oder hiermit in Beziehung stehenden Programmen stammen, durch Schleswig-Holsteinische Behörden zu berichten. Ferner ist darzustellen, in welcher Form Schleswig-Holsteinische Stellen über Herkunft und Art und Weise der Erhebung von Daten informiert werden und wie in Zukunft eine Verwendung von Daten ausgeschlossen werden soll, die nach deutschen Recht nicht hätten erhoben werden dürfen. Der Bericht hat sich in einen öffentlichen Teil und einen nicht öffentlichen Teil zu untergliedern, welcher unter Berücksichtigung der Stellung und Aufgabe der Abgeordneten auch solche Daten erfasst, die aus Gründen des Geheimschutzes der Öffentlichkeit nicht bekannt werden dürfen.

    Begründung:

    In Anbetracht aktueller Berichterstattungen über eine umfassende Ausforschung und Überwachung elektronischer Kommunikation durch US-Geheimdienste wird wieder einmal deutlich, dass ohne den Einsatz von Verschlüsselung eine vertrauliche Kommunikation im Internet kaum möglich ist.
    Im Rahmen des Projekts PRISM soll die National Security Agency (NSA) Zugriff auf nahezu jegliche elektronische Kommunikation haben. Sie wäre so in der Lage jede Form der Kommunikation im Internet an der Quelle einzusehen und nachzuvollziehen. Auch die besonders schutzwürdige Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern und öffentlichen Stellen des Landes Schleswig-Holstein, die oft sensible Lebensbereiche betrifft und die Kommunikation der öffentlichen Stellen untereinander ist davon betroffen. Gleiches gilt für die Nutzung von Informationsdiensten des Landes im World Wide Web. Dabei ist eine schlüsselbasierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu wählen, um den Zugriff von Dritten zu vermeiden und die Integrität der Daten zu gewährleisten. Dazu ist kein entsprechender neuer Dienst von Nöten, da bereits geeignete Softwarelösungen allgemein zugänglich sind. Einige öffentliche Stellen, wie z. B. das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein oder das IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin), bieten entsprechende Dienstleistungen schon seit längerer Zeit an. DE-Mail stellt keine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung dar und kommt somit nicht in Betracht. Durch internationale Abkommen ist sicherzustellen, dass das vergleichsweise hohe deutsche Datenschutzniveau nicht aufgrund der internationalen Datenverarbeitungen umgangen und damit langfristig geschädigt wird. Dieser raise-to-the-bottom-Effekt ist zwingend zu vermeiden und es bedarf besonderer Anstrengung, um statt dessen das deutsche Datenschutzniveau zu exportieren. Hierbei ist insbesondere sicherzustellen, dass in anderen internationalen Verträgen den Betroffenen von rechtswidrigen Datenzugriffen oder -verwendungen durch private oder staatliche Stellen eine wirksame Rechtsschutzmöglichkeit zur Verfügung steht.
    Über die Nutzung von Daten aus den bekannt gewordenen Programmen zur Überwachung in der Vergangenheit ist durch die Landesregierung kurzfristig zu berichten. Wie sich aus der Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Dudda ergibt, werden derartige Daten verwendet (Drs. 18/1011). Hierüber muss zwingend eine öffentliche Aufklärung erfolgen. Dazu gehört auch eine Darstellung der behördeninternen Strukturen, welche die Wahrung der Rechte der Betroffenen bei den so erlangten Daten sicherstellen, und der Möglichkeiten, diesen Schutz auszubauen. Aus Gründen des Geheimschutzes werden hierzu möglicherweise nicht alle Daten im Rahmen eines öffentlichen Berichtes erteilt werden können. Dennoch müssen alle Abgeordneten so weitgehend wie möglich informiert werden, um sich selbstständig über erforderliche gesetzliche Änderungen ein Bild machen zu können.

    Uli König und Fraktion

    Drucksache 18/936