Schlagwort: PKW-Maut

  • Rede: Keine PKW – Maut/ Europarechtskonforme- PKW- Maut

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

    Herr Arp, ich habe in letzter Zeit von Ihnen selten so eine dünne Argumentation wie gerade in Ihrer Rede gehört. Das fand ich recht traurig. Herr Stegner, wenn Sie wirklich gegen eine Pkw- Maut sind und nicht nur nach irgendwelchen Ausflüchten suchen, warum das wegen irgendwelcher Bedingungen nicht kommen soll, dann stimmen Sie einfach für unseren Antrag. Wenn Sie ernsthaft gegen eine Pkw-Maut sowohl für Ausländer als auch für Inländer sind, dann stimmen Sie für unseren Antrag. Seien Sie doch so ehrlich. Im Grunde ist es schon erstaunlich, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag mit populistischem Wahlkampfgetöse auseinandersetzen muss. Aber das sind wohl die Kosten der sich bildenden Großen Koalition auf Bundesebene. Wir sollten uns hier sachlich mit dem Thema auseinandersetzen. Ich möchte mich deshalb bei den Kollegen der FDP ausdrücklich für den Antrag bedanken.

    Selbstverständlich lehnen die PIRATEN die Pkw- Maut ab, und zwar unabhängig von Nationalität und Wohnort.

    Zur Sache: Unsere Verkehrsinfrastruktur hat Sanierungsbedarf. Das kann man mittlerweile mit bloßem Auge erkennen. Unabhängig davon, ob die dafür erforderlichen Gelder aus rechtlich fraglichen Sondervermögen oder aus dem normalen Haushalt verbucht werden, geht es hier um die Quelle der zu verwendenden Gelder. Natürlich ist es naheliegend, die Nutzer in Anspruch zu nehmen. Damit verhindert man, dass Teile der Bevölkerung für Leistungen bezahlen, die sie gar nicht in Anspruch nehmen oder nicht in Anspruch nehmen können. Durch anständige Gesetzgebungen und durch eine anständige Politik überprüft man aber vorher die Folgen seines Handelns, man ignoriert diese nicht. Jene Folgen sind es, die eine Einführung der Pkw- Maut indiskutabel machen. Ein Maut-System muss in irgendeiner Form die Kosten und den Umfang der Nutzung festmachen. Das setzt eine Erfassung der Nutzung voraus. Millionen von Menschen pendeln täglich zu ihrer Arbeit, fahren zu Familie und Freunden oder einfach irgendwo anders hin. All diese Bewegen würden mit einer Pkw-Maut erfasst, wenn sie nutzungsbezogen ist. Die Ingenieure sagen immer, dass die letzten 20 % der Lösung eines Problems am teuersten sind. Liebe CDU, wollen Sie für die Erfassung von 11 % der ausländischen Pkw auf unseren Straßen, eine Überwachungsinfrastruktur schaffen, die ihresgleichen sucht, statt mit der 80-%-Lösung und damit der datensparsamen Finanzierung über die Mineralölsteuer vorlieb zu nehmen? Durch die Verbindung von Vorratsdatenspeicherung der Bestandsdatenauskunft, Funkzellenabfragen und stillen SMS ist das Bewegungsprofil schnell ein Sozialprofil; wohlgemerkt ein Sozialprofil eines jeden Bürgers. Bürgerliche Freiheit und soziales Leben sehen anders aus. Die Profile sind dem Staat grundsätzlich verschlossen und haben ihn nicht zu interessieren. Jedes einzelne dieser Mittel gibt dem Staat schon zu viele Befugnisse, in unser Grundrecht einzugreifen. Zusammengenommen bilden sie aber die Perversion eines Rechtsstaates; eines Rechtsstaates, der sich zur Wahrung des Rechts nicht mehr für den Schutz des Soziallebens und der Freiheit seiner Bürger interessiert, eines Staates, der nur schützt, was moralisch ist. Wie schnell Moral sich wenden kann, das sollte allen von Ihnen bewusst sein. Der Rechtsstaat lebt gerade davon, dass er nicht im Vertrauen auf den aktuell guten Zustand agiert, sondern in Erwartung des Missbrauchs der Befugnisse. Daher darf man bestimmte Strukturen gar nicht erst aufbauen. Nein, ich will nicht warten, bis der nächste Anlass kommt, um auch noch die Bewegungen von Fußgängern aufzuzeichnen, um das Profil zu komplettieren.

    Aber auch für diejenigen, die eine Generalüberwachung der Bevölkerung für nahezu jeden Zweck für sinnvoll erachten, und das sind wohl maßgeblich die CDU und Teile der SPD, sehe ich keinen sinnvollen Grund für diese Maut.

    – Dann stimmen Sie doch für unseren Antrag, wenn Sie wirklich dagegen sind!

    – Wer hier von der Finanzierung der Straßen redet, der muss auch die Investitionen berücksichtigen. Wie schwachsinnig ist es, zur Heranziehung von 11 % der Nutzer ein Erfassungssystem aufzubauen, das alle erfassen muss? – Erinnern Sie sich an die Kosten von Toll Collect! Ich meine die öffentlichen Kosten und auch die Kosten für die Wirtschaft, denn jeder einzelne Lkw musste nachgerüstet werden. Wer hier Wirtschaftlichkeit vermutet, dem gehört jegliche Finanzverantwortung sofort entzogen. Das Projekt wird nicht einmal das vermeintliche Ziel erreichen. Dafür wird es jedoch noch mehr Überwachungsmöglichkeiten schaffen, die nicht hinnehmbar sind. Deshalb lehnen wir die Maut in jedem Gesichtspunkt ab. – Vielen Dank.

    Quelle im Plenarprotokoll