Kleine Anfrage: Einsatz von Finanzderivaten zur Optimierung von Kreditkonditionen

Landeswappen Schleswig-Holstein

Kleine Anfrage des Abgeordneten Uli König (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung-Finanzministerin

18. Wahlperiode 24.05.2013

Einsatz von Finanzderivaten zur Optimierung von Kreditkonditionen

Vorbemerkung:

In Umdruck 18/118 erläutert die Landesregierung ihr Bestreben über Finanzderivate, wie z.B. Zinsswaps, die langfristigen Kreditkonditionen des Landes Schleswig-Holstein zu optimieren und Zinsänderungsrisiken zu begrenzen. Zinsderivate gehören überwiegend zu der Kategorie der OTC-Geschäfte und werden somit in der Regel nicht an der Börse gehandelt.

1) Wie hoch war der wertmäßige Anteil der standardisierten, an der Börse gehandelten Finanzderivate an dem Gesamtvolumen der gehandelten Finanzderivate seit dem Jahr 1992?

Das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Finanzministerium des Landes hat bislang keine an der Börse gehandelten Finanzderivate abgeschlossen.

Bei den abgeschlossenen Finanzderivaten handelte es sich nahezu ausschließlich um Geschäfte ( i.d.R. Zinsswaps) die direkt mit den unter 2) genannten Finanzinstituten abgeschlossen wurden. Für diese einfachen und standardisierten Geschäfte gibt einen jederzeit liquiden Markt.

Die Finanzderivate bezogen sich immer auf konkrete Finanzierungen bzw. Sicherungen künftiger Anschlussfinanzierungen, die ebenso wie die Finanzierungen regelmäßig einzelfallbezogen nach Einholung von Vergleichsangeboten, mit den jeweiligen Finanzintermediären ausgehandelt werden.

2) Mit welchen Finanzinstituten/-intermediären o. ä. ist das Land Schleswig-Holstein in den Jahren seit 1992 über den Handel oder die Emission von Finanzderivaten in Verbindung getreten? Es wird um eine detaillierte Auflistung der Vertragsabschlüsse inkl. Vertragspartnern, Derivatbezeichnungen, Laufzeiten, Zinskonditionen (einschl. Zinsbindungsfrist), Volumen und Position (Payer/Receiver) gebeten.

Das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Finanzministerium des Landes, steht seit 1992 mit nahezu allen großen am Kapitalmarkt vertretenen Adressen in Kontakt. Rahmenverträge bestehen bzw. bestanden mit folgenden Partnern:

  • ABN AMRO Bank AG, Frankfurt + AB
  • N N.V., Amsterdam (jetzt Royal Bank of Scotland, London)
  • Bank of America, N.A, London
  • Bankgesellschaft Berlin
  • Barclays Bank plc, London
  • Bayerische Landesbank, München
  • Bayerische Vereinsbank AG, München (jetzt UniCredit AG, München)
  • Bear Stearns Bank plc, Dublin (jetzt JP Morgan Chase, London)
  • BNP Paribas, Paris
  • Calyon, Paris (jetzt Credit Agricole, Paris)
  • Citibank N.A., London
  • Commerzbank AG, Frankfurt
  • Credit Suisse Financial Products, London (jetztCredit Suisse International, London)
  • Danske Bank A/S, Kopenhagen
  • Depfa Bank plc, Dublin
  • Deutsche Bank AG, Frankfurt
  • Dresdner Bank AG, Frankfurt (jetzt Commerzbank AG, Frankfurt)
  • Dresdner Bank AG, Frankfurt
  • DZ Bank AG, Frankfurt
  • Goldman Sachs
  • L.P., New York
  • HSBC CCF, Paris (für HSBC Trinkhaus, Düsseldorf)
  • Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart (inkl. Landesgirokasse)
  • Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt
  • Landesbank Rheinland-Pfalz, Mainz (jetzt LBBW, Stuttgart)
  • Landesbank Schleswig-Holstein, Kiel (jetzt HSH AG Hamburg und Kiel)
  • Landesgirokasse, Stuttgart (inzwischen LBBW, Stuttgart)
  • Lehman Brothers International Europe, London
  • Merrill Lynch International Bank Ltd., Dublin
  • Morgan Guaranty Trust Company of New York, London (jetzt JP Morgan Chase)
  • Morgan Stanley & Co. International plc
  • Morgan Stanley AG, Frankfurt (jetzt Morgan Stanley & Co. International plc)
  • National Westminster Bank plc, London (jetzt Royal Bank of Scotland, London)
  • Norddeutsche Landesbank Girozentrale, Hannover
  • Nordea Bank Finland Plc
  • Royal Bank of Canada, London
  • Royal Bank of Scotland, London
  • Société Générale, Paris
  • Südwestdeutsche Landesbank, Stuttgart (inzwischen LBBW, Stuttgart)
  • Swiss Bank Corporation, London Branch (jetzt UBS AG, London)
  • Union Bank of Switzerland, London (jetzt UBS AG, London)
  • Westdeutsche Landesbank Girozentrale, Düsseldorf (jetzt Portigon AG)
  • WGZ-Bank AG Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank, Düsseldorf

Eine detailliertere Beantwortung der Frage insbesondere zusammen mit den entsprechenden Geschäftsdaten würde im Rahmen einer öffentlich wirksamen Behandlung den Grundsätzen der Vertraulichkeit und des Bankgeheimnisses widersprechen. Zudem ist mit Bezug auf die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von 5 Jahren eine Dokumentation der einzelnen Geschäfte für den Zeitraum seit 1992 nicht möglich. Schließlich wurde in 2007 ein neues IT-Abwicklungs verfahren in der Schulden- und Derivatverwaltung eingeführt und dabei alle zum Zeitpunkt 31.12.2007 aktiven Fälle übernommen. Diese sind in der Anlage (ohne Nennung der Kontrahenten) dokumentiert.

3) Liegen der Landesregierung Informationen zu dem, insbesondere für die steuerrechtliche Betrachtung, relevanten Sitz ihres Vertragspartners vor?

Die jeweiligen Sitze sind bekannt und aus der obigen Liste ersichtlich.

4) Kann die Landesregierung im Hinblick auf Finanzderivate ausschließen, in den Jahren seit 1992, direkt oder indirekt, finanzielle Beziehungen zu Vertragspartnern in Ländern vollzogen zu haben, welche unter einem Finanz- oder Wirtschaftsembargo von mehr als einem Land und/oder der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1992 standen?

Derartige finanzielle Beziehungen bestanden nicht.

5) Welche Differenz an Zinszahlungen hätte sich jährlich seit dem Jahr 1992 ergeben, wenn das Land Schleswig-Holstein keine Finanzderivate zur Optimierung der Kreditkonditionen eingesetzt hätte?

Grundsätzlich soll das für 2014 vorgesehene Sicherungsbudget von 30 Mio. € vorwiegend für den Kauf von Zinsoptionen mit Versicherungscharakter eingesetzt werden.

Bei dieser Art von Geschäften ist das Land durch Zahlung einer Prämie gegen Zinssteigerungen gesichert und kann weiterhin von niedrigen Zinsen profitieren.

7) Welche konkrete Zinsstrukturkurve liegt der mittelfristigen Finanzplanung zu Grunde?

Die Zinserwartung für die Eckwerte 2014 und die Fortschreibung basiert auf den Ergebnissen des Konjunktur- und Kapitalmarktgesprächs unter Beteiligung des Instituts für Weltwirtschaft, der Bundesbank und der HSH Nordbank zum Jahreswechsel 2013. Das Finanzministerium geht davon aus, dass sich die Geld- und Kapitalmarktzinsen in 2013 zunächst seitwärts bewegen, in 2014 moderat ansteigen und sich mittelfristig (bis 2016) in Richtung der langjährigen Durchschnitte bewegen. Das gesamte Zinsniveau würde dementsprechend insgesamt um etwa 2 bis 3 Prozent-Punkte steigen.

Die detaillierte Zinsmatrix ist vertraulich. Eine Darstellung im Rahmen einer kleinen Anfrage ist nicht möglich, da externe Geschäftspartner bei Veröffentlichung Rückschlüsse auf die Strategie des Kredit- und Zinsmanagements des Landes ziehen und entsprechend geschäftlich ausnutzen könnten.

8) Welche Auswirkungen hatte die Neuregelung der Kapitalertragssteuer zum 01.01.2009 auf die Zinsbelastung des Landes Schleswig-Holstein, insbesondere im Zuge des Erwerbs und der Veräußerung von Finanzderivaten?

Keine. Das Land zahlt keine Kapitalertragssteuer bei Erwerb, Veräußerung oder auf empfangene Zinszahlungen aus Derivatgeschäften.

9) Welche Auswirkungen wird die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer und/oder nationaler Ebene in der Höhe von 0,01% des Auftragsvolumens auf die Zinsbelastung des Landes Schleswig-Holstein qualitativ und quantitativ haben?

Keine, denn die Finanztransaktionssteuer betrifft ausschließlich den Finanzsektor und damit die Finanzinstitute. Das Land könnte allerdings indirekt betroffen sein, sofern den

Finanzinstituten eine Überwälzung der Belastungen aus der Finanztransaktionssteuer an ihre Kunden gelänge. Dieser Kostennachteil ist jedoch angesichts des bewusst gering gehaltenen Mindeststeuersatzes von 0,01% auf Derivate aus Landessicht zu vernachlässigen.

Vorbemerkung zu den Fragen 10 und 11:

In Umdruck 18/118 führt die Landesregierung weiterhin aus, dass sich durch die Gemeinschaftsemission von Wertpapieren sehr günstige Zinskonditionen realisieren ließen.

10) Welche Auswirkungen haben die Gemeinschaftsemissionen („Länder-Jumbos“) auf die durchschnittliche Zinshöhe und die durchschnittliche Zinsbindungsfrist des Landes Schleswig-Holstein sowohl qualitativ als auch quantitativ?

Die regelmäßige Begebung der Gemeinschaftsanleihen im Kreis der kleineren Bundesländer („Länder-Jumbos“) erfolgt-wie die eigenen Emissionen des Landes auch – nach einer Phase der sorgfältigen Markterkundung im jeweils aktuellen Marktumfeld zu den dann erzielbaren Konditionen. Diese „Länder-Jumbos“ mit teilschuldnerischer Haftung sind von den unter dem Begriff „Deutschlandbonds“ diskutierten Anleihen mit gesamtschuldnerischer Haftung zu unterscheiden.

Die Auswirkungen eines „Länder-Jumbos auf die durchschnittliche Zinshöhe und Zinsbindungsstruktur ist im Vergleich zu reinen Länderanleihen relativ gering. Das Instrument dient in erster Linie der Erschließung internationaler Investoren.Vor dem Hintergrund der Internationalisierung der Finanzmärkte leisten die gemeinschaftlichen Emissionen im Länderkreis einen zunehmenden Beitrag zur kostengünstigen Finanzierung des Landes.

In den letzten 10 Jahren wurden durchschnittlich rd. 630 Mio. € jährlich über Länder-Jumbos finanziert und damit rund 20% des jährlichen Finanzierungsbedarfs gedeckt.

11)Welche zusätzliche Belastung ergibt sich gegenüber einer „Einzel-Emission“, die nur durch das Land Schleswig-Holstein erfolgen würde, bezogen auf die Kriterien des Stabilitätsrats (Finanzierungssaldo, Kreditfinanzierungsquote, Zins-Steuer-Quote und Schuldenstand je Einwohner) und einen gemeinsamen Haftungsverbund?

Der Länder-Jumbo ist so konzipiert, dass jedes Land lediglich mit seinem Anteil am Gesamtvolumen haftet.

Es ergeben sich keine zusätzlichen Belastungen für das Land Schleswig-Holstein. Sollten die eingegangen Verträge Fremdwährungen beinhalten, wird darum gebeten, sowohl den aktuellen (inkl. Angabe des Datums) als auch den zum Zeitpunkt des Vertrages angewandten Wechselkurs anzugeben.

Anmerkung:

Sollte die Beantwortung dieser Anfrage in Teilen oder als Ganzes eine längere Bearbeitungszeit als die vorgesehene Frist beanspruchen, so wird um eine frühzeitige Kontaktaufnahme gebeten.

Originaldokument und Anlagen:

 http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/0800/drucksache-18-0810.pdf