Kategorie: Rede

  • Rede: Neustart für das Lehrerbildungsgesetz SH

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
    Herr Stegner, ich finde es sehr interessant, dass Sie sagen: Wir wissen jetzt schon, wie wir die Lehrerabbauzahlen gestalten werden. Ich vermute einmal, die Aussage hat ein ähnliches Gewicht wie die Vorhersage von Herrn Albig, dass wir die Lehrerausbildung für Sek II für Physik und Chemie an der Universität Flensburg machen werden. – Ich bin gespannt. Ich finde es auch interessant, dass Sie sagen, ein Semesterticket sei der Ersatz der Fahrtkosten zu Praktika. Ich habe ein etwas anderes Bild von einem Semesterticket. Aber darüber können wir sicherlich noch im Ausschuss reden.

    (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gar keine Ideen, das ist das Problem!)

    – Doch, wir haben auch eine Menge Ideen.

    (Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) „Wir werden die MINT-Ausbildung in diesem Land verbessern. Wir werden sie auf gleich hohem Niveau in Kiel haben, und wir werden sie in Flensburg haben. Wir wollen, dass dort Oberstufenlehrerinnen und -lehrer in Chemie, Biologie und Physik ausgebildet werden. Wir werden das sicherstellen. Wir werden das auch in den Haushalten abbilden. … Das wird diese Regierung sicherstellen. Das werden wir auch mit diesen Zahlen sicherstellen.“

    – Und weiter:
    „Dies ist – nehmen Sie das in ihrer Aufgeregtheit zur Kenntnis – der Wunsch eines Kieler Ministerpräsidenten …“ Das hat der Ministerpräsident, der leider gerade gegangen ist, am 9. April 2014 in diesem Haus so gesagt. Dazu gehört bemerkenswerterweise auch die Kausalität: Sie möchten gern wissen, was wir tun würden, wenn wir es getan hätten, was wir ursprünglich vorhatten. Das, meine lieben Kollegen, ist kein Wortfetzen aus einem x-beliebigen Gespräch in irgendeiner Eckkneipe nach Mitternacht, sondern die Einleitung einer Antwort der Bildungsministerin auf die Nachfrage der Kollegin Franzen aus der letzten Sitzung des Bildungsausschusses. In der Tat hätten wir in dieser Sitzung gern gewusst, welcher Stand der Beratungen denn nun der aktuelle ist. Wir hätten auch erwartet, dass der Ministerpräsident, der ja die Dokumentation der zugrunde liegenden Daten vollmundig im Plenum angekündigt hatte, seiner Zusicherung nachkommt und alle Modellrechnungen offenlegt. Das war bis zur Sitzung des Bildungsausschusses am 8. Mai 2014 nicht der Fall. Die Ministerin gab im Gegenteil zu, dass wesentliche Berechnungen gar nicht schriftlich verfasst und dargestellt sind, weil sie mündlich mit der Universität Flensburg vereinbart worden sind. In Anbetracht dieser bemerkenswerten Sachlage war ich gestern über die Klarstellung der Mehrheitsfraktionen froh, die fünf Tage nach der in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Bildungsausschusssitzung inklusive Wochenende kam. Es wird – im Gegensatz dazu, was Herr Albig angekündigt hat – keinen Unterricht in Chemie oder Physik auf Oberstufenniveau an der Universität Flensburg geben. Man wird auch darüber nachdenken, bestimmte Fächer auf Sek-I-Niveau zu belassen. Die Kosten – welche auch immer das nun sind – werden gedeckelt, und die Beratungen werden entschleunigt. Einen konkreten Fächerkanon werden die Hochschulen selbst vorstellen, auch wenn wir uns alle vorstellen können, dass es vornehmlich die günstigen Fächer sein werden. Wichtig ist, dass die Mehrheitsfraktionen – so ahnungslos sie hinsichtlich der tatsächlichen Kosten auch sind – mit dieser Festlegung die Basis dafür geschaffen haben, dass die Universitäten zum Verhandlungstisch zurückgekehrt sind. Das finde ich gut. Das lobe ich ausdrücklich. Die Fraktionen der Küstenkoalition haben die Fakten geschaffen. Sie haben die handwerklichen Mängel des Ministerpräsidenten und seiner Ministerin kassiert. Eines ihrer Prinzipien also, womit Frau Professor Wende noch am 9. Mai 2014 öffentlich in den „Kieler Nachrichten“ zitiert wird: „Eine Sek-I Ausbildung in Flensburg ist für mich tabu“, findet sich in dem Eckpunktepapier nicht mehr. Es ist also gut, wenn man noch ein paar Prinzipien zur Auswahl hat. In diesem Zusammenhang möchte ich mit der Mär aufräumen – Herr Stegner und Herr Andresen haben es gerade erneut wiederholt -, die Opposition beteilige sich inhaltlich nicht an den Beratungen. Das stimmt nicht. Hören Sie auf, das wie eine kaputte Schallplatte zu wiederholen. Es wird dadurch nicht wahr.Die PIRATEN haben sich nie geweigert, sich damit inhaltlich auseinanderzusetzen. Warum auch? Schließlich stehen wir hinter den Gemeinschaftsschulen. Wir wollen auch, dass diese gut ausgebildete und motivierte Lehrer haben.

    ( Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nie etwas zur Lehrerbildung vorgelegt!)

    – Wir haben Gespräche geführt, wir haben Anzuhörende benannt, wir haben Inhalte mit Kleinen Anfragen abgefragt. Und wir haben damit – es tut mir leid – in Gänze mehr getan als die Koalition. Wir haben allerdings auch kritisch zu Finanzierungsmodellen, zu Kapazitäten und zu Bedarfen und deren Umsetzungsstrategien nachgefragt. Die Zahlen dazu sind Sie uns noch schuldig geblieben. Wir haben dabei Mängel entdeckt – Mängel, die auch anderen nicht verborgen geblieben sind und die am Ende wohl auch die Mehrheitsfraktionen überzeugt haben. Sie folgen inhaltlich dem, was die CAU und die Opposition immer gesagt haben. Das ist gut so, aber vieles ist noch nicht vom Tisch.
    An einem sehr praktischen Beispiel kann man veranschaulichen, was ich meine. Stellen Sie sich eine Familie vor, die von einer Wohnung in eine größere Wohnung umzieht. Diese Familie wird das dann zum Beispiel begründen mit: Wir bekommen Nachwuchs, wir brauchen mehr Platz. Da wird man sagen: Ja, die brauchen mehr Raum, das macht Sinn so.
    Wir haben die Ministerin gefragt, warum sie Doppelstrukturen schaffen will, und hatten erwartet, dass sie uns konkret den Bedarf an Sek-II-Lehrkräften benennen wird. Sie hat es aber nicht getan. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass man den Lehrerbedarf in den nächsten Jahren genauer prognostizieren wolle. Das ist zum einen gut, weil er im Moment fächer- oder schulartbezogen noch gar nicht bekannt ist. Zum anderen ist es aber für mich nicht schlüssig, zuerst die Kapazitätsentscheidung zu treffen und dann den Bedarf zu untersuchen. Da ist doch irgendetwas falsch herum gelaufen. Wir haben im Bildungsausschuss auch nach den konkreten Investitionen gefragt: Was soll wie wo in welcher Größenordnung warum investiert werden? Auch dazu machte die Bildungsministerin bis heute keine solide Angabe. Man habe das im Gespräch mit den Universitäten mündlich so vereinbart. Mit Verlaub, mit so einer Aussage beraubt man sich natürlich nicht nur selbst jeder Glaubwürdigkeit, man brüskiert auch den Rest der Menschen, die im politischen Raum Arbeit leisten. Ich habe einmal anhand einer willkürlich gewählten kleinen Gemeinde in diesem Land angeschaut, welchen Aufwand Kommunalpolitiker betrieben haben, wenn sie zum Beispiel eine Erweiterung einer Toilettenanlage im Kita-Bereich vornehmen wollen. Da geht von der Zielbeschreibung über grobe Kostenplanung bis zur detaillierten Kostenberechnung ein Jahr ins Land, um alle Gremien bis zur kleinsten Stelle hinter dem Komma zu informieren, Angebote zu erstellen, Planer zu beauftragen, die entsprechenden Ausschüsse einzubinden und schließlich ein gutes Ergebnis zu erzielen. Allein die Bildungsministerin hat das alles nicht nötig. Da wird mit dem großen Daumen gepeilt, da wird angenommen, vorausgesetzt, überschlagen und das Ganze am Ende im Gespräch vereinbart. Unterlagen, Berechnungen und Planungen gibt es dazu nicht. Einzig Herr Habersaat und Herr Andresen springen zur Seite, bezeichnen das Ganze als Popanz oder regen sich auf, wenn die Opposition nach Fehlern sucht. Lieber Kollege Habersaat, im Grunde haben Sie ja recht. Es ist eigentlich überflüssig, hier nach Fehlern zu suchen. Die Defizite sind so offensichtlich, dass man eigentlich gar nicht mehr danach suchen muss.
    In den letzten Landtagssitzungen hat der Ministerpräsident selbst die Verantwortung für das Zahlenwerk der Bildungsministerin übernommen. In der letzten Bildungsausschusssitzung tat sie das selber nicht mehr, sondern pochte auf die Aufgabenverteilung im Kabinett: Wende macht die Inhalte, und Frau Heinold macht das mit den Finanzen. Nun ist es so, dass wir PIRATEN das Ziel des Stufenlehrers richtig finden. Aber die Umsetzung dieses Ziels muss handwerklich belastbar, ordentlich und solide sein. Das ist es, was wir unter seriös verstehen und bei dem wir offenbar weit von dem entfernt sind, was die Bildungsministerin darunter versteht. Ich verstehe nicht, wie Sie dort hinkommen. Es geht nicht um gut gemeint, sondern um gut gemacht – dies vor allem deshalb, weil es immer noch viele gibt, bei denen man die Idee des Stufenlehrers bewerben muss, damit man sie davon überzeugen kann. Wenn Sie aber so dünne Häuser bauen und sie auf Sand stellen, funktioniert das einfach nicht. Auch darum werbe ich für Transparenz und Offenheit. Wir haben noch Anhörungen vor uns. Vieles würde uns erleichtert werden, wenn wir wüssten, worüber wir reden.
    – Liefern Sie uns die Fakten, dann wissen wir das endlich. Aber Sie liefern ja keine Fakten. Sie machen keine inhaltliche Debatte. Herr Albig, wir reden nicht nur über MINT, wir müssen auch über Kunst, Sport und Musik reden. Frau Wende, ich muss Sie korrigieren. Sie haben gestern im NDR gesagt: Einigung erreicht. Das suggeriert, dass das Gesetz in trockenen Tüchern ist. Das ist aber etwas ganz anderes als das, was mir mein parlamentarisches Verständnis sagt, dass wir mit den Beratungen nämlich erst angefangen haben. Das haben auch Sie heute gesagt. Ich empfehle Herrn Stegner, die Antworten der Landesregierung auf meine Kleinen Anfragen zu lesen. Dort nennt die Regierung selbst das Eckwertepapier als Grundlage für das Gesetz. Wir brauchen eine Modellrechnung, um die Einzelheiten der Daten für die Beurteilung jeder Planung zu beurteilen. Noch einen letzten Satz. – Der Sprecher des Ministeriums sagte gestern noch einmal ausdrücklich, dass jeder Blick auf Fächer selbstverständlich sei und dass dieser auch seriös berechnet und dargestellt werden könne. Das versteht sich von selbst. Der Mann hat recht. Es kann auch nicht schwer sein, diese Daten vorzulegen. Darauf bestehen wir PIRATEN.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

     

  • Rede: Keine PKW – Maut/ Europarechtskonforme- PKW- Maut

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

    Herr Arp, ich habe in letzter Zeit von Ihnen selten so eine dünne Argumentation wie gerade in Ihrer Rede gehört. Das fand ich recht traurig. Herr Stegner, wenn Sie wirklich gegen eine Pkw- Maut sind und nicht nur nach irgendwelchen Ausflüchten suchen, warum das wegen irgendwelcher Bedingungen nicht kommen soll, dann stimmen Sie einfach für unseren Antrag. Wenn Sie ernsthaft gegen eine Pkw-Maut sowohl für Ausländer als auch für Inländer sind, dann stimmen Sie für unseren Antrag. Seien Sie doch so ehrlich. Im Grunde ist es schon erstaunlich, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag mit populistischem Wahlkampfgetöse auseinandersetzen muss. Aber das sind wohl die Kosten der sich bildenden Großen Koalition auf Bundesebene. Wir sollten uns hier sachlich mit dem Thema auseinandersetzen. Ich möchte mich deshalb bei den Kollegen der FDP ausdrücklich für den Antrag bedanken.

    Selbstverständlich lehnen die PIRATEN die Pkw- Maut ab, und zwar unabhängig von Nationalität und Wohnort.

    Zur Sache: Unsere Verkehrsinfrastruktur hat Sanierungsbedarf. Das kann man mittlerweile mit bloßem Auge erkennen. Unabhängig davon, ob die dafür erforderlichen Gelder aus rechtlich fraglichen Sondervermögen oder aus dem normalen Haushalt verbucht werden, geht es hier um die Quelle der zu verwendenden Gelder. Natürlich ist es naheliegend, die Nutzer in Anspruch zu nehmen. Damit verhindert man, dass Teile der Bevölkerung für Leistungen bezahlen, die sie gar nicht in Anspruch nehmen oder nicht in Anspruch nehmen können. Durch anständige Gesetzgebungen und durch eine anständige Politik überprüft man aber vorher die Folgen seines Handelns, man ignoriert diese nicht. Jene Folgen sind es, die eine Einführung der Pkw- Maut indiskutabel machen. Ein Maut-System muss in irgendeiner Form die Kosten und den Umfang der Nutzung festmachen. Das setzt eine Erfassung der Nutzung voraus. Millionen von Menschen pendeln täglich zu ihrer Arbeit, fahren zu Familie und Freunden oder einfach irgendwo anders hin. All diese Bewegen würden mit einer Pkw-Maut erfasst, wenn sie nutzungsbezogen ist. Die Ingenieure sagen immer, dass die letzten 20 % der Lösung eines Problems am teuersten sind. Liebe CDU, wollen Sie für die Erfassung von 11 % der ausländischen Pkw auf unseren Straßen, eine Überwachungsinfrastruktur schaffen, die ihresgleichen sucht, statt mit der 80-%-Lösung und damit der datensparsamen Finanzierung über die Mineralölsteuer vorlieb zu nehmen? Durch die Verbindung von Vorratsdatenspeicherung der Bestandsdatenauskunft, Funkzellenabfragen und stillen SMS ist das Bewegungsprofil schnell ein Sozialprofil; wohlgemerkt ein Sozialprofil eines jeden Bürgers. Bürgerliche Freiheit und soziales Leben sehen anders aus. Die Profile sind dem Staat grundsätzlich verschlossen und haben ihn nicht zu interessieren. Jedes einzelne dieser Mittel gibt dem Staat schon zu viele Befugnisse, in unser Grundrecht einzugreifen. Zusammengenommen bilden sie aber die Perversion eines Rechtsstaates; eines Rechtsstaates, der sich zur Wahrung des Rechts nicht mehr für den Schutz des Soziallebens und der Freiheit seiner Bürger interessiert, eines Staates, der nur schützt, was moralisch ist. Wie schnell Moral sich wenden kann, das sollte allen von Ihnen bewusst sein. Der Rechtsstaat lebt gerade davon, dass er nicht im Vertrauen auf den aktuell guten Zustand agiert, sondern in Erwartung des Missbrauchs der Befugnisse. Daher darf man bestimmte Strukturen gar nicht erst aufbauen. Nein, ich will nicht warten, bis der nächste Anlass kommt, um auch noch die Bewegungen von Fußgängern aufzuzeichnen, um das Profil zu komplettieren.

    Aber auch für diejenigen, die eine Generalüberwachung der Bevölkerung für nahezu jeden Zweck für sinnvoll erachten, und das sind wohl maßgeblich die CDU und Teile der SPD, sehe ich keinen sinnvollen Grund für diese Maut.

    – Dann stimmen Sie doch für unseren Antrag, wenn Sie wirklich dagegen sind!

    – Wer hier von der Finanzierung der Straßen redet, der muss auch die Investitionen berücksichtigen. Wie schwachsinnig ist es, zur Heranziehung von 11 % der Nutzer ein Erfassungssystem aufzubauen, das alle erfassen muss? – Erinnern Sie sich an die Kosten von Toll Collect! Ich meine die öffentlichen Kosten und auch die Kosten für die Wirtschaft, denn jeder einzelne Lkw musste nachgerüstet werden. Wer hier Wirtschaftlichkeit vermutet, dem gehört jegliche Finanzverantwortung sofort entzogen. Das Projekt wird nicht einmal das vermeintliche Ziel erreichen. Dafür wird es jedoch noch mehr Überwachungsmöglichkeiten schaffen, die nicht hinnehmbar sind. Deshalb lehnen wir die Maut in jedem Gesichtspunkt ab. – Vielen Dank.

    Quelle im Plenarprotokoll

  • Rede: Verfassungsschutzbericht 2012

    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf der Tribüne!

    Herr Minister, ich danke Ihnen für den Bericht, auch wenn ich anderer Meinung bin. Schade, dass der Leiter des Verfassungsschutzes nicht mehr hier ist, um meine Rede dazu zu hören. Die Reihenfolge der Beratungen ist bezeichnend; denn angesichts der Enthüllungen über PRISM, Tempora & Co. wirkt der Verfassungsschutzbericht vier Monate nach der Vorlage wie aus einer anderen Zeit. Auch unser Verfassungsschutz wurde von der Entwicklung überrollt. Gegen die Bedrohung unserer freiheitlichen Gesellschaft durch eine nahezu vollständige Überwachung und Rasterung unserer elektronischen Kommunikation wirkt die Auseinandersetzung mit 1.200 Rechtsextremen in Schleswig-Holstein – so wichtig sie zum Schutz unserer Demokratie auch ist – fast wie eine einfache Aufgabe. Der Bericht bezeichnet den internationalen Terrorismus als Grund für den Schutz von Sicherheit und Freiheit außerhalb Deutschlands. Tatsächlich hätte er zumindest auch die Folgen des Terrorismus, unter anderem den offenbar grenzenlosen Überwachungswahn einiger Regierungen, als Bedrohung unserer Gesellschaft aufführen müssen.
    Der Bericht ist vom Zeitablauf überholt worden. Mehr ist dazu leider nicht zu sagen.

    Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, der ebenfalls nicht im Bericht auftaucht. Er taucht nicht auf, weil der Verfassungsschutz im Bericht – so will es das Gesetz – nur über die Ermittlungsergebnisse des Landesverfassungsschutzes berichtet. Seine eigene Tätigkeit hingegen bleibt der Öffentlichkeit, aber auch dem Plenum verborgen. Es mag im Einzelfall gute Gründe haben, aber nicht in der Allgemeinheit, wie es aktuell praktiziert wird.

    Bei unserer Großen Anfrage zur Funkzellenabfrage in Schleswig-Holstein hat die Landesregierung keine Auskunft über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes gegeben, obwohl auch diese Bestandteil unserer Frage war. Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums kennen diese Zahlen vielleicht, ohne hierüber reden zu dürfen, der Rest des Plenums und die Öffentlichkeit hingegen ohne erkennbaren Grund nicht. Der stur wiederholte Verweis auf die Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium in anderen Anfragen trägt nicht.

    Auch der Landesverfassungsschutz hat sich einer Kontrolle des gesamten Plenums oder der Öffentlichkeit zu stellen, insbesondere wenn die Verfassungsschutzberichte
    auch in Zukunft dazu dienen sollen, eine erweiterte Kontrolle des Verfassungsschutzes selbst sicherzustellen.

    – Vielen Dank.

  • o tempora, o mores – Rede zur Funkzellenabfrage in Schleswig-Holstein

    Anrede,

    o tempora, o mores!!!

    Die Behörden unseres Landes überwachen ihre Bürger ohne jedes Maß.

    Was man bisher nur aus totalitären Systemen kannte, ist auch hier und heute allgegenwärtig.

    In den letzten vier Jahren waren hiervon, neben einigen wenigen potenziellen Straftätern, abertausende Anwohner genau so betroffen wie zufällige Passanten, friedliche Demonstranten, Journalisten, Abgeordnete, Rechtsanwälte und Notare.

    Bei dem durch unsere Anfrage öffentlich gewordenen, massiven staatlichen Ausspähen privater Daten durch Landesbehörden sehen wir nicht nur Hinweise darauf, dass in Schleswig-Holstein Grundrechte generell vernachlässigt werden. Wir gehen weiter:

    Die Grundrechte der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung und des Telekommunikationsgeheimnisses sind verletzt worden. Privatheit ist zum Luxusgut geworden.

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  • Rede zu HSH-Nordbank: Begründung meiner Ablehnung der Garantieerhöhung

    Rede zu HSH-Nordbank: Begründung meiner Ablehnung der Garantieerhöhung

    Anrede

    erlauben Sie mir mein Stimmverhalten zu begründen.

    Im Laufe des Verfahrens gab es mehrere Alternativen, die leichtfertig vertan wurden.

    1. die Bad Bank

    Die Ablehnung scheint allein politischer Natur zu sein. Die vorgelegten Informationen sind nicht ausreichend um abschließend beurteilen zu können, welchen Effekt das Auslösen von Wertpapieren besässen hätte.

    Wie hätte sich das Risikoprofil für die Länder und die Bank konkret verändert? Wie viele und welche Wertpapiere hätten übertragen werden müssen? Diese Fragen sollten gar nicht erst beantwortet werden.

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  • Rederecht im Landtag für Präsident/in des Landesrechnungshofes

    Rederecht im Landtag für Präsident/in des Landesrechnungshofes
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  • Rede: Regierungserklärung zu Beginn der 18. Wahlperiode

    Sie sehen noch recht frisch aus. Ich habe mir überlegt, mit Ihnen so ein bisschen Touristen-Gymnastik zu machen, damit Sie aufwachen; das scheint aber nicht notwendig zu sein. Okay, fangen wir an.
    (Zuruf SPD)
    – Bitte?
    (Zuruf SPD)
    – Das wollte ich jetzt machen. Trotzdem vielen
    Dank. – Das war noch nicht meine Rede.

     
    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf
    den Zuschauerrängen!
    Dort sitzen nicht mehr allzu viele. 60 % Wahlbeteiligung sprechen eine deutliche Sprache. Wir haben das von der RGB-Koalition schon oft genug gehört. Für mich zeigt das aber ein wenig, dass wir wahrscheinlich den Kontakt zum
    Bürger verloren haben. Das ist ein Problem.

    Torsten Albig hat uns eingeladen, mitzumachen, auch wenn wir nicht Teil der Koalition sind. Ich nehme diese Einladung sehr gern an. Daher möchte ich heute über folgende Themen sprechen, welche die Bürgerbeteiligung tangieren. Ein erstes Thema heißt „Open Data“. Bei dem zweiten Thema handelt es sich um die E-Petition. Das dritte Thema klingt so ein bisschen abgefahren: „Überwindung von Raum, Zeit und anderen Beschränkungen, die die Bürger von den Ausschüssen abhalten“.

    Ich fange mit Open Data an. Ich möchte gern, dass der Bürger die Möglichkeit bekommt, so eine Art Kleine Anfrage von zu Hause aus zu stellen. Ich denke dabei an eine Frage wie die folgende: Wie hoch sind eigentlich die Heizkosten von Liegenschaften des Landes Schleswig-Holstein? Ich möchte, dass diese Anfrage möglich ist, ohne dass das Aufwand in der Verwaltung verursacht. Der Bürger soll das bei sich zu Hause machen. Wie kann das gehen? Das Land kann dem Bürger die Finanzrohdaten zur Verfügung stellen. Der Bürger kann dann mit diesen Daten arbeiten. Das Ganze nennt sich Open Data; denn der Bürger kann dann selber eine Auswertung vornehmen.

    Ich nehme als Beispiel das Finanzministerium. Die Finanzministerin ist leider nicht anwesend. Schade!
    – Alle Buchungen im Finanzministerium werden, wie mir gesagt wurde, in SAP durchgeführt. Das heißt, dass sie elektronisch vorliegen. Man kann sie also auch ins Internet stellen. Wir PIRATEN stehen total auf so etwas. Dabei muss man natürlich den Datenschutz beachten. Wenn darin personenbezogene Daten enthalten sind, muss man es ein wenig anonymisieren. Im Großen und Ganzen aber sollte das möglich sein.

    Sie werden jetzt sagen: Ein Großteil der Bürger kann mit all diesen Finanzdaten nichts anfangen. Da haben Sie wahrscheinlich recht, aber das macht nichts. Es reicht, wenn ein kleiner Teil der Bürger mit diesen Finanzdaten etwas anfangen kann. Denn dieser Mensch ist möglicherweise in der Lage, diese Finanzdaten so zu visualisieren, dass andere Bürger – beispielsweise in einem Bürgerhaushalt – Einsparpotenziale in dem Haushalt finden können. Dadurch kann mehr Luft für sinnvolle Projekte geschaffen werden, oder es können schneller Schulden abgebaut werden.

    (Beifall PIRATEN)

    Es kann auch sein, dass diese Person das gleich alles in einem Rutsch macht und mit einem Sparvorschlag kommt, den noch niemand gesehen hat und bei dem man sagt: Das ist eigentlich eine ziemlich gute Idee. Wie gesagt, das Ganze nennt sich Open Data. Es steht im Koalitionsvertrag. Dafür vielen Dank. Ich finde das super.

    Leider ist das nicht sehr konkret. Von daher würde ich mich freuen, wenn Sie – vielleicht mit uns zusammen – noch ein bisschen daran arbeiten würden. Wir sind ja zum Zusammenarbeiten eingeladen. Dann könnten wir es ein bisschen ausführen und voranbringen. Dann müssten wir nicht nach fünf Jahren sagen: Wir hatten es drin, aber irgendwie – –

    Ich komme zu den Petitionen. Torsten Albig hat gesagt, dass er die Bürger überzeugen möchte, dass uns ihre Meinung wichtig ist. Im Koalitionsvertrag steht, dass Petitionen beziehungsweise Bürgerbegehren einfacher gemacht werden sollen. Es ist aber immer von „Papierpetitionen“ die Rede. Nie ist von einer Online-Petition die Rede.

    Ein positives Beispiel für eine Online-Petition ist auf Bundesebene das Begehren, zu überprüfen, ob die Geschäftspraktiken der GEMA der Verfassung entsprechen. Sie hat 106.000 Mitzeichner. Ich finde es interessant, dass die Leute sich dafür interessieren. Auch die Petition gegen Internetsperren – da gibt 134.000 Mitzeichner – finde ich bemerkenswert. 186.000 Mitzeichner haben eine Petition gegen erhöhte Pflichtbeiträge von Hebammen unterzeichnet, die eine superteure Haftpflichtversicherung bezahlen müssen. Immerhin 105.000 davon haben das immerhin online gemacht.

    Seit Neuestem bin ich der Vorsitzende des Petitionsausschusses. Deswegen ist mir dieses Thema auch eine Herzensangelegenheit. Ich möchte gern, dass wir das voranbringen. Wenn man sich unser Petitionsportal anschaut, sieht man, dass man eine Petition online einreichen kann. Das ist schon einmal gut. Man kann aber nicht online mitzeichnen. Vor allem Einzelschicksale können im Petitionsausschuss zur Sprache gebracht werden. Ich kann das aber nicht mit so heißen Eisen, wie es der Weiterbau der A 20 ist.

    Ich möchte gern, dass man online in der Lage ist, eine Petition einzureichen. Es muss nachvollziehbar sein, wo diese Petition gerade steht, damit man sie auch mitzeichnen kann. Außerdem sollte die Beratung über eine Petition öffentlich sein, wenn der Petent dem zustimmt.

    (Beifall PIRATEN)

    Ich komme zu meinem letzten Anliegen. Wir machen das jetzt hier gerade schon live. Diese Ausschusssitzung hier – – Nein, das ist keine Ausschusssitzung. Diese Veranstaltung wird ins Internet übertragen. Es gibt ein Live-Streaming. Darüber möchte ich gern reden. Es geht um die Überwindung von Raum, Zeit und Aufwand. Es gibt drei Hemmnisse für die Bürger, sich an der Politik hier zu beteiligen. Wie Sie sicherlich wissen, findet ein großer Teil der Arbeit in den Ausschüssen statt.
    Diese ist eine 1-a-Schaukampfbude, die viele Leute hier gern nutzen, aber ich würde den Bürgern gern auch die Ausschüsse näherbringen, in denen die eigentliche Arbeit stattfindet. Stellen wir uns mal vor: Ein Bürger aus Leck, der gern mal sehen will, was in so einem Ausschuss stattfindet.

    Wenn er mit dem ÖPNV nach Kiel zum Landtag fahren möchte – ich habe einmal nachgesehen -, benötigt er – das sind die schnellsten Verbindungen – zwei Stunden und 45 Minuten. Das heißt noch nicht, dass er dann zum richtigen Zeitpunkt hier ist. Er muss noch warten.

    Mit einer längeren Verbindung dauert es bis zu vier Stunden. Das ist schon extrem. Mit dem Auto brauche ich immer noch gut 1,5 Stunden von Leck nach Kiel – je nach Fahrstil; das geht bestimmt auch schneller.

    Der Punkt ist: Ich muss Fahrzeit hin und Fahrzeit zurück investieren, und ich muss Kosten für den Transport investieren. Das ist ein erhebliches Hemmnis, wenn ich einfach einmal in die Ausschussarbeit reinschauen möchte. Das ist schon eine richtige Reise.

    Außerdem: die Zeit. Ausschusssitzungen finden üblicherweise zu Zeiten statt, wo normale Leute arbeiten. Da das hier ein Vollzeitparlament ist, ist das okay, denn wir arbeiten quasi gerade, aber der Bürger muss auch zu den Zeiten arbeiten. Das heißt, er kann nicht kommen, wenn er Arbeit hat.

    (Beifall PIRATEN)

    Nächstes Problem: die Freizeit.

    – Herr Harms, würden Sie bitte zuhören? – Danke. –

    Nicht jeder Bürger hat so viel Freizeit, dass er sich die Zeit einer langen Ausschusssitzung um die Ohren schlagen kann. Ich habe heute hier die Reden gehört: Ja, das hätte man hier und da etwas kürzer fassen können.

    (Vereinzelter Beifall PIRATEN, CDU, SPD und FDP)

    – Danke.
    Es wäre nicht schlecht, wenn man diese Zeit ein bisschen komprimieren könnte, damit es nicht so lange dauert herauszubekommen, was in den Ausschusssitzungen gelaufen ist. Ziel muss also sein, die Ausschüsse unabhängig von Ort und Zeit zu machen und den Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger, sich zu beteiligen, zu senken.

    Die Lösung – das klingt jetzt total einfach; das ist ein sehr piratiger Vorschlag -: Wir verlagern den 88 Schleswig-Holsteinischer Landtag Ort ins Internet. Wir übertragen die Ausschüsse live, zumindest die öffentlichen Ausschüsse, die geheim tagenden Ausschüsse natürlich nicht. Damit können sich die Leute auch in Leck die Ausschüsse angucken, ohne dass sie sich dazu vom Hocker bewegen müssen. Das ist schon einmal nicht schlecht.

    Was ist mit den Leuten in Leck, die arbeiten müssen, wenn hier unsere Ausschüsse tagen? – Für die können wir Aufzeichnungen im Internet bereitstellen. Sie können sich das dann nach der Arbeit anhören.

    Jetzt haben wir noch das Problem mit den Leuten, die abends nur eine Stunde Zeit haben, weil sie zwei Jobs, Familie und so weiter, also nicht so viel Freizeit haben. Für diese Leute hätte ich gern so etwas wie ein Wortprotokoll. Das muss jetzt nicht ein stenografisches Wortprotokoll sein, das kann zum Beispiel auch durch eine Texterkennungssoftware passieren oder sonst irgendetwas, damit man einfach in der Lage ist, das gesamt Protokoll und den gesamten Ausschuss einmal nach bestimmten Schlagworten zu durchsuchen und zu gucken, wann eigentlich der Kram drankam, der mich interessiert hat, und sich nicht die anderen zehn Teile auch mit anhören muss.

    So, das war der Teil mit dem Streaming. Vielen Dank. Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Themen näherbringen. Das waren Open Data, die E-Petition und das Überwinden von Raum, Zeit und Aufwand.

    (Beifall Piraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

    Vielen Dank, Herr Kollege. Wir haben heute schon eine Menge über den neuen Umgang und die politische Kultur miteinander gesprochen. Wir haben auch vernommen, dass Sie uns gern ein paar neue Dinge zum Lernen aufgeben wollen. Deshalb will ich Ihnen von mir aus noch einmal die Information geben: Diese „Veranstaltung“ hier ist die Landtagstagung über die Regierungserklärung zu Beginn der 18. Wahlperiode. Diese „Schaukampfbühne“ – ich möchte Sie bitten, mir ernsthaft zuzuhören -, wie Sie es hier gerade genannt haben, ist das Plenum
    des Schleswig-Holsteinischen Landtages. In der Frühzeit der parlamentarischen Demokratie haben manche Leute auch von einem „Hohen Haus“ gesprochen. Ich möchte Sie bitten, diesem auch mit entsprechender Wortwahl Respekt zu zollen.
    – Vielen Dank.

    (Vereinzelter Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

    Siehe auch: Plenarprotokoll 18/3 13.06.2012 S 17-92